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„Wer hat die schönste (digitale) Insel?“

Ein Portraitfoto von Silvia Hennig, Gründerin von neuland21.

Silvia Hennig beim Panel „Smart Regions im Osten Deutschlands - Konflikte, Erfolge, Strategien“ auf der Smart Country Convention 2023. Foto: Messe Berlin

Um kreative Ideen ist Marco Beckendorf nie verlegen. Seit 2014 ist der Linken-Politiker Bürgermeister der Gemeinde Wiesenburg/Mark, ein Ort in Brandenburg mit nicht einmal 5.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, südwestlich von Berlin gelegen und ländlich geprägt. Die Region sei finanz- und strukturschwach und außerdem überaltert, berichtete Beckendorf auf der SCCON 2023. Rund ein Drittel der Bevölkerung seien über 65 Jahre alt. Geld habe seine Gemeinde eigentlich nicht. Trotzdem hat sie in der Niedrigzinsphase Kredite aufgenommen, um zu investieren – und sich damit selbst ins digitale Zeitalter befördert.

Smart Village Wiesendorf und seine Co-Working-Strukturen

2018 wurde Wiesenburg das erste Smart Village in Brandenburg. Gemeinsam mit dem Nachbarort Bad Belzig bildet die Gemeinde außerdem eine „Smart City“. Zusammen richten sie inzwischen einen Kreativstandort nach dem nächsten ein. Nach dem Coconat Workation Retreat in Bad Belzig sei zunächst ein neuer Campus entstanden. Beides habe viel frischen Wind in die Region gebracht, so Beckendorf.

Kleine Medienprojekte hätten sich angesiedelt, darunter verschiedene Podcasts und der Fläming Kanal. Die positive Berichterstattung habe viele junge Menschen angezogen und neue Projekte möglich gemacht. Inzwischen gibt es zwei weitere Coworking Spaces, das Seminarhaus Alte Hölle und das Ko-Dorf in Wiesenburg, das eine neue Lebens- und Arbeitskultur auf dem Land verspricht.

Weniger Geld und Köpfe in Ostdeutschland

Es ist viel möglich, wenn die richtigen Partner mit den richtigen Ideen zusammenkommen. Trotzdem haben es gerade die Kommunen im Osten Deutschlands schwer mit dem digitalen Wandel, wie Silvia Hennig, Gründerin von neuland21 erklärte. Ihr Verein unterstützt Digital- und Bildungsprojekte in strukturschwachen ländlichen Regionen.

Statistisch gesehen hätten die Kommunen in den alten Bundesländern doppelt so hohe Steuereinnahmen pro Kopf wie die Gemeinden in Ostdeutschland. Und auch die personellen Ressourcen sind knapper: Vier Millionen Menschen sind seit der Wende von Ost nach West gezogen. „Sie fehlen als Fachkräfte, als Eltern, als Engagierte“, sagte Hennig. Andererseits gebe es aber gerade im Osten das Phänomen der „Resourcefulness“: Die Fähigkeit, aus wenig viel zu machen, indem man dem Ressourcenmangel Ideen und Gründergeist entgegensetzt.

Von Rügen aus die Welt verändern

Auf seiner Heimatinsel Rügen hat der Wirtschaftsingenieur Hannes Trettin gemeinsam mit seinem Bruder Matthes und Toni Gurski die Project Bay gegründet. In Lietzow gibt es nun seit rund vier Jahren Norddeutschlands ersten Coworking- und Workation Space. Das sei das Schöne an der Digitalisierung, sagte Hannes Trettin: „Ich muss nicht mehr in Stuttgart sitzen, um die Welt zu verändern.“

Project Bay stellt nicht einfach nur Coworking-Plätze zur Verfügung, sondern baut außerdem ringsum eine Infrastruktur auf, die junge Menschen aus der Stadt gewohnt sind: Vom Carsharing bis zu Makerspaces und neuen Wohnkonzepten. „Ein reines Coworking funktioniert nicht“, sagt Trettin. „Die Leute müssen wissen, warum sie Berlin verlassen sollten.“ 2021 expandierte Project Bay mit Hilfe von Kooperationspartnern vor Ort nach Sylt. „Da ging es auch viel darum: Wer hat die schönste Insel?“, scherzt Trettin. „Aber im Grunde haben wir doch überall die gleichen Probleme.“ Inzwischen hat sein Unternehmen 25 Standorte. Bis Mitte 2024 sollen es 50 werden, in den nächsten drei Jahren 132 in verschiedenen Ländern.

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