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Gastbeitrag: Die digitale Daseinsvorsorge in Krisenzeiten

Ingbert Liebing ist Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU)

Krisen zeigen, was uns stark macht. Auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie konnten sich Menschen und Wirtschaft – wie bereits in der Finanz- und Wirtschaftskrise – auf die Energie-, Wasser- und Internetversorgung der kommunalen Unternehmen verlassen. Und Home-Office, Home-Schooling und Co. verhinderten einen kompletten Stillstand unserer Wirtschaft. Daseinsvorsorge und Digitalisierung haben die Krisen-Resilienz unseres Landes gestärkt.

Längst nutzen kommunale Unternehmen ihre Leistungen und Infrastrukturen sowie die Chancen der Digitalisierung für modernste – digitale – Daseinsvorsorge, dem Herzen künftiger Smart Cities und Regions. Doch Corona zeigt, dass dieser Weg noch lang und mit Hindernissen gespickt ist.

Silicon Valley, Shenzhen – oder Sylt und Stuttgart? Für digital souveräne Städte und Regionen

Mit digitaler Souveränität will sich Europa von der Digitalisierung des Silicon Valleys und Shenzhens abgrenzen. Das gelingt, wenn wir die Soziale Marktwirtschaft für das digitale Zeitalter adaptieren – und mit den Stärken der Daseinsvorsorge und Kommunen kombinieren. Digitale Souveränität braucht digital souveräne Städte und Gemeinden, die mit ihren kommunalen Unternehmen ihren Bürgerinnen und Bürgern dienen.

Corona zeigt uns die Baustellen auf dem Weg zu diesem Ziel: vom fehlenden Glasfaseranschluss bis zum Rückstand bei digitaler Bildung und Verwaltung. Zugleich hat die Pandemie klaffende Löcher in die kommunalen Haushalte gerissen. Dennoch brauchen wir Investitionen in Innovationen und in konsequente Digitalisierungsstrategien.

Rechtssicherheit für Smart-City-Strategien schaffen, Wettbewerb auf Augenhöhe ermöglichen

Geld ist nicht alles: Um Investitionen in Smart-City-Lösungen anzureizen, brauchen Kommunen und kommunale Unternehmen vor allem Rechts- und Planungssicherheit.  Ob autonom fahrende Busse auf dem Land, KI-basierte Verbrauchs- oder Lastprognosen oder KI  für eine bessere Wartung oder ÖPNV-Anwendungen, die nicht nur die exakte Bus-Ankunft angeben, sondern anzeigen, ob beispielsweise auch Platz für einen Kinderwagen ist: Bei allen Smart-City-Dienstleistungen fallen Daten an.

Kommunale Unternehmen investieren in ihre Erfassung, Erhebung und Verarbeitung. Ihr Ziel: mit neuen Geschäftsmodellen und Dienstleistungen die Daseinsvorsorge zu stärken und den digitalen Wandel für die Menschen zu gestalten – und ganz nebenbei maßgeschneiderte Lösungen für Klimawandel, Demografie oder Stadt-Land-Unterschiede und ihren Auswirkungen vor Ort zu finden.

Ob Energie oder Mobilität: Bei allen Smart-City-Strategien bewegen sie sich in einem kompetitiven Marktumfeld. Die novellierte EU-PSI-Richtlinie sieht vor, dass kommunale Unternehmen ihre Daten künftig ihren Wettbewerbern kostenfrei zur Verfügung stellen. Das führt zu strukturellen Wettbewerbsnachteilen und geht zulasten der Daseinsvorsorge. Die aktuelle Regel überlässt die Digitalisierung unserer Städte und Gemeinden dem Profit weniger großer Unternehmen. Besser ist ein Rechtsrahmen, der den Umgang mit Daten klar regelt und Wettbewerb auf Augenhöhe ermöglicht: Von kostenlosen über offenen bis zu kostenpflichtigen Daten sollten kommunale Unternehmen souverän über ihre kommunalen Daten entscheiden, um z. B. mit lokalen Start-ups, Mittelstand und Handwerk für ihre Kommune zu kooperieren. Rechtssicherheit schafft Planungssicherheit und kurbelt Investitionen an.

Klimawandel und Co.: Herausforderungen lösen wir mit digitalen Lösungen vor Ort

Die Digitalisierung ermöglicht uns, einst getrennte Bereiche klug miteinander zu verknüpfen. Ein Beispiel: Wenn wir an den Quartieren mit ihren lokalen Energiequellen und Infrastrukturen ansetzen und das lokale Angebot der erneuerbaren Strom- und Wärmequellen direkt mit den Verbrauchern digital gesteuert ausgleichen – vom Gewerbekunden, über Privathaushalte bis zu den Stromtankstellen für Elektroautos –, dann gelingen Strom- und Wärmewende, dann gelingen Energiewende und Klimaschutz.

Alles wird vernetzter, aber auch komplexer. So verschmilzt bei der intelligenten Netzsteuerung das Digitale mit dem Anlogen – konkret: mit der Stromversorgung als Herzschlag der digitalen Gesellschaft. Das Beispiel zeigt: Eine Smart City ist keine App, die jeder nach Belieben nutzen oder auch mal ausschalten kann. Smart-City-Lösungen brauchen die Profis der kommunalen Unternehmen, die sich technisch mit den Stromnetzen und Steuerung ebenso wie den örtlichen Gegebenheiten auskennen. Das setzt geeignete rechtliche Rahmenbedingungen beim Umgang mit Daten voraus, damit alle vor Ort profitieren.

Diskutieren Sie mit uns über die digitale Daseinsvorsorge

Wenn Sie mit uns zu diesen Themen in den Dialog treten wollen, lade ich Sie herzlich zum gemeinsamen Format von Städtetag und VKU am 28. Oktober 2020 – dem zweiten Tag der Smart Country Convention – ein:

  • „Daseinsvorsorge für die Zukunft gestalten”
  • 15.15 – 16.00 Uhr
  • im Livestream der SCCON oder vor Ort auf der Bühne „Digital Forum“

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