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Howto: Personalsuche über Social Media
Die Stadt Diepholz setzt seit einigen Monaten auf Social-Media-Recruiting. Wie kam es dazu?
Florian Marré: Die Frage, wie in Zukunft engagierte Fach- und Nachwuchskräfte gewonnen werden können, beschäftigt aktuell viele Branchen in Deutschland – so auch den öffentlichen Dienst. Wir als Stadt Diepholz mussten im Laufe der vergangenen Jahre feststellen, dass die traditionellen Stellenausschreibungen im Print-Bereich zu immer weniger Bewerbungen führten. In Zeiten eines zunehmenden Fachkräftemangels müssen wir als Arbeitgeber den Fokus auf die Wünsche und Bedürfnisse der Bewerberinnen und Bewerber legen. Wir haben uns daher vor allem zwei Fragen gestellt: „Wo suchen potenzielle Bewerberinnen und Bewerber nach offenen Stellen?“ und „Wie wollen sich potenzielle Bewerberinnen und Bewerber informieren und bewerben?“. Wer sich diese Frage stellt, wird schnell merken, dass das Internet der Schlüssel zur modernen Bewerberansprache ist. Die Onlinestudie von ARD und ZDF zeigt, dass die ohnehin schon hohe Zahl der Internetnutzerinnen und -nutzer weiter steigt. Auch die täglich online verbrachte Zeit nimmt zu. Diese Entwicklung wollten wir für die Gewinnung neuer Kolleginnen und Kollegen nutzen.
Wie haben Sie das Projekt vorbereitet und auf welche Kanäle setzen Sie?
Florian Marré: Bevor wir das Projekt gestartet haben, haben wir uns den Status Quo unseres Vorgehens bei der Ausschreibung von Stellen genau angesehen. Auf welche Kanäle setzen wir? Wie gestalten wir die Inhalte? Welche Kosten entstehen und welche Resonanz erhalten wir auf unsere Anzeigen? Die Stadt Diepholz war schon vorher auf Facebook und Instagram aktiv. Die Bewerbung der offenen Stellen auf diesen Kanälen nahm jedoch nur einen sehr geringen Teil der gesamten Ausschreibungsstrategie ein.
In Absprache mit der Personalabteilung, dem Personalrat und der Verwaltungsspitze aber auch in Rücksprache mit den politischen Gremien wurde entschieden, den Bereich Social Media bei der Ausschreibung von Stellen weiter auszubauen. Daher machten wir uns auf die Suche nach einer Agentur, die auf Social-Media-Recruiting spezialisiert ist und die uns auf dem Weg begleiten sollte. Gemeinsam wurden die bewährten Prozesse der Agentur an die speziellen Anforderungen von öffentlichen Verwaltungen bei der Stellenbesetzung angepasst. Das war ein mutiger Schritt, denn neben der Ansprache der potenziellen Bewerberinnen und Bewerber krempelten wir auch den Bewerbungsprozess an sich um. Um dem typischen Nutzungsverhalten auf Social Media gerecht zu werden, verschlankten wir den Bewerbungsprozess und verzichten nun im ersten Schritt auf die altbekannten Formalitäten wie Lebenslauf und Anschreiben. Denn wer gerade im Zug sitzt oder abends auf dem Sofa das Handy in die Hand nimmt, hat diese Dokumente vermutlich nicht griffbereit. Der Fokus liegt vielmehr darauf, geeignete Bewerberinnen und Bewerber mit wenigen Klicks zu identifizieren und möglichst niedrigschwellig mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Unterlagen von vielversprechenden Kandidatinnen und Kandidaten werden nachgefordert.
Bei unseren Stellenanzeigen setzen wir auf die beiden meistgenutzten Social Media Plattformen in Deutschland: Facebook und Instagram. Für die Suche nach Auszubildenden für den Ausbildungsstart 2024 werden wir erstmals auch auf TikTok eine Anzeige schalten und uns damit auch in ein für uns bisher unbekanntes Terrain begeben.
Welche Erfahrungen haben Sie in den vergangenen Monaten beim Recruiting über Social Media gemacht?
Florian Marré: Man könnte sagen, dass wir uns aktuell in einer Testphase befinden. Wir haben uns entschieden zunächst weiterhin Stellenanzeigen im Print-Bereich zu schalten und parallel das neue Vorgehen im Social Media Bereich zu starten, um die Ergebnisse der beiden Vorgehensweisen vergleichen zu können. Sowohl die Anzahl und Qualität der Bewerbungen, die über die Social Media Anzeigen eingehen als auch die Rückmeldungen der Bewerberinnen und Bewerber sprechen bisher sehr dafür, dass wir mit dem Social-Media-Recruiting den richtigen Weg eingeschlagen haben. Ein abschließendes Fazit werden wir jedoch erst am Ende dieses Jahres ziehen können und dann auch über die zukünftige Strategie bei der Stellenausschreibung entscheiden.
Was raten Sie Kommunen, die sich noch nicht an die Social-Media-Kommunikation herantrauen?
Florian Marré: Die meisten Kommunalverwaltungen in Deutschland sind im Bereich Digitalisierung weiter als ihr Ruf vermuten lässt. In fast allen Häusern gibt es Auszubildende und junge Kolleginnen und Kollegen, die mit Social Media aufgewachsen sind und sich in diesem Bereich gern aktiv für ihren Arbeitgeber einbringen. Diese internen Potenziale sollten genutzt werden. Wenn man die Social Media Auftritte anderer Verwaltungen aufsucht, kann man sehen, wie unterschiedlich Inhalte und Fokus der Kanäle gestaltet werden. Dort kann man auch Anregungen und Inspirationen finden, welche Inhalte man zu welchem Zweck selbst veröffentlichen möchte.
Für spezifische Fragen gibt es zudem immer mehr Experten und Agenturen, die Erfahrungen mit den speziellen Bedürfnissen und Anforderungen von öffentlichen Auftraggebern an Social Media Anwendungen haben.
Sie schreiben auf der Website der Stadt, dass Sie in Diepholz die Weichen für die Zukunft stellen wollen. Ist Digitalisierung bei Ihnen Chefsache?
Florian Marré: Wie in vielen Bereichen, kann auch die Digitalisierung nur funktionieren, wenn alle mitziehen. Dazu gehe ich als Bürgermeister natürlich mit voller Überzeugung und mit gutem Beispiel voran. Die Leiterinnen und Leiter der verschiedenen Fachdienste ziehen ebenfalls an einem Strang und schlagen immer wieder fachbereichsspezifische Projekte vor, um die Digitalisierung weiter voranzubringen. Gleichzeitig ist es mir jedoch wichtig, ein offenes Ohr für Sorgen und Bedenken zu behalten, die manche Kolleginnen und Kollegen vielleicht noch im Bereich der Digitalisierung haben. Mir ist wichtig, dass niemand bei diesem Thema abgehängt wird. Daher bieten wir regelmäßig ein internes Schulungsangebot für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an.
Und auch die verschiedenen Erfahrungen und Kenntnisse der Bürgerinnen und Bürger im Bereich der Digitalisierung müssen berücksichtigt werden. Als Verwaltung müssen und wollen wir unsere Angebote für alle Bürgerinnen und Bürger zugänglich machen. Das klappt zwar zunehmend aber längst noch nicht ausschließlich auf digitalem Wege, sodass wir unsere analogen Angebote weiterhin aufrechterhalten.
Wie digital ist die Stadt Diepholz bereits?
Florian Marré: Schon vor vielen Jahren ist die Stadt Diepholz in einen umfassenden Digitalisierungsprozess eingestiegen. Einer der größten Schritte war der komplette Umstieg von der Papier- auf die digitale Aktenführung, der 2017 erfolgt ist. Gleiches gilt für die Arbeit der kommunalen Gremien. Seit 2016 erfolgt die Gremienarbeit durch die Diepholzer Kommunalpolitikerinnen und -politiker sowie die verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter komplett papierlos. Zudem wurden beispielsweise in den vergangenen Jahren die digitale Leistungserfassung auf dem Bauhof, des E-Payment oder auch der digitale Rechnungsworkflow eingeführt. Alles in allem ist die Stadt Diepholz auf einem sehr guten Weg der Digitalisierung, aber längst noch nicht am Ende der Entwicklung.
Vielen Dank für das Interview.
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