Großes Interesse, viele Fragen
Wo liegen die Hürden beim praktischen Einsatz Künstlicher Intelligenz in der Verwaltung? Drei junge und KI-begeisterte Mitarbeitende aus Bund und Ländern berichten.

Podiumsgäste diskutieren auf der Smart Country Convention 2025 über den praktischen Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Verwaltung. Foto: Messe Berlin
Arno Engel ist eigentlich in der Finanzwelt zu Hause. Als Beauftragter für Finanzen bei der Landesvertretung und dem Finanzministerium von Baden-Württemberg befasst er sich tagein, tagaus mit haushaltspolitischen Fragen. Nebenher aber baut er ein Netzwerk quer durch die Abteilungen auf, um die Nutzung von Künstlicher Intelligenz voranzutreiben. „Wir sind ein Haus mit rund 400 Personen, wir haben keine Data Scientists, deswegen gab es niemanden, der das Thema vorhalten konnte“, berichtet Engel auf der SCCON 2025. „Unser Ansatz war: Wir suchen Leute aus allen Abteilungen, egal ob sie da fachlich drin sind oder nicht.“
Schulungen mit echten Anwendungsfällen
Inzwischen habe sich ein sehr engagiertes Team gefunden, das mit seinen Vorschlägen gut ankomme – weil sie aus den Reihen der Beschäftigten kommen und nicht Top-down von Experten eingebracht werden. Interne Schulungen zum Beispiel hätten sie selbst entwickelt, weil es den Verwaltungsmitarbeitern wenig bringe, wenn ihnen externe Trainer zum x-ten Mal erklären, wie man mit Large-Language-Programmen Texte einkürzt.
„Diese Schulungen waren oft weit weg vom Alltag der Beschäftigten“, sagte Engel. Also hat das Freiwilligen-Team sich erst einmal umgehört, wo eigentlich der Schuh drückt und herausgefunden: Das Interesse, mit KI zu arbeiten, war groß, viele waren aber unsicher, was sie überhaupt dürfen. Einige seien experimentierfreudig, andere arbeiten mit sensiblen Daten und seien deshalb besonders vorsichtig. Nun gibt es interne Trainings für den generellen Überblick und Workshops mit echten Anwendungsfällen aus dem Haus. Bei der Beschaffung von KI-Lösungen sei das Team aber auf die Expertise des Innolab im Staatsministerium angewiesen.
Bei KI besonders komplex: Kaufen oder selbst entwickeln?
Wobei die Beschaffung von KI-Lösungen auch die Expertinnen und Experten selbst vor Fragen stellt, vor allem: selbst entwickeln oder einkaufen? Diese Entscheidung sei viel komplexer geworden, sagt Johannes Neumeier, Head of AI und Stellvertretender Leiter des Referats für Cloud, Plattformen und Datenmanagement. Früher habe man SAS-Lösungen als schlüsselfertige Produkte gekauft. Mit KI stehe man nun hingegen in jedem Layer vor der Frage: selbst bauen, um die Kontrolle zu behalten, oder einkaufen, um schneller zum Ziel zu kommen und von externer Kompetenz zu profitieren?
Er wäre dafür, beides zu tun, sagte Neumeier und plädierte dafür, auch einmal vorzupreschen: Sobald es eine klare Datengovernance und Leitplanken gebe, wäre er dafür, die Codierungsfähigkeiten eines Teams zu nutzen, um Lösungen voranzutreiben. Wichtig sei dabei, „dass es open source ist und dass es nachnutzbar ist“ – damit alle voneinander lernen. Für die Beschaffung würde er sich wünschen, dass es gewisse Vorgaben für die Architektur einer Anwendung gebe, die die Kompatibilität mit anderen Lösungen sicherstellen.
Mehrwert braucht Commitment
Das sah auch Juliane Braun so, die als Chief Data Scientist im Bundesministerium des Innern die KI-Anwendungen voranbringt. Im ständigen Austausch und der engen Zusammenarbeit über Ressorts hinweg, aber auch mit den Kolleginnen und Kollegen, die die fachliche Arbeit machen, liege echte Mehrwert von KI. Auch offene Daten gehörten dazu, denn das Zusammenfassen von Texten sei zwar schön, aber „die wirklichen Mehrwerte heben wir, wenn wir anfangen, dienstliche Daten zu erheben“. Dafür brauche es „ein ganz klares Commitment in den Verwaltungen, dass wir gemeinsam diese Themen erarbeiten“.